Berlin im Jahr 1907. Die Welthauptstadt, mit inzwischen über zwei Millionen Einwohnern, befindet sich mitten im wirtschaftlichen Aufschwung. Im Frühjahr wird das berühmte "Kaufhaus des Westens" eröffnet und im Herbst folgt das legendäre "Hotel Adlon" unweit des Brandenburger Tors.
Die allgemeine Aufbruchstimmung scheint ansteckend zu sein, denn auch ein junger Mann, namens Otto Wrede, hat just in diesem Jahr den kaufmännischen Mut, in dieser pulsierenden Stadt sein eigenes Unternehmen zu gründen.
Am 1. Oktober 1907 wird der "Regina-Verlag" offiziell in das Geschäftsregister der "Vereinigung der deutschen Musik- und Bühnenverleger" eingetragen.
Der damals erst 24-jährige Gründer konnte zu diesem Zeitpunkt bereits auf fundierte eigene Erfahrungen im Bereich des Musikalienhandels zurückgreifen.
Mit vierzehn Jahren hatte er mit einer Ausbildung zum Musikalienhändler in der bekannten "Musikalien- und Instrumenten-Handlung Richard Rühle" am Moritzplatz begonnen, die er im April 1900 erfolgreich abschließen konnte. Danach wurde er von Richard Rühle, der wenig später gemeinsam mit dem Operettenkomponisten Paul Lincke den "Apollo-Verlag" gründete, als Angestellter übernommen und war bis Ende September 1907 sowohl für den Verlag, als auch für die zwischenzeitlich in "Apollo-Musikhaus Lincke & Rühle" umbenannte Musikalienhandlung tätig.
In diesen Jahren muss Otto Wrede bereits die ersten Kontakte zu einzelnen Komponisten geknüpft haben, um seine Idee, eigenständig verlegerisch tätig zu sein, vorzubereiten.
Der Vertrag zum ersten Verlagswerk "Per apsera ad astra" (Auf rauhen Pfaden zu den Sternen) wurde nämlich vom Komponisten Ernst Urbach bereits im Dezember 1905 unterzeichnet.
Es folgten weitere Verträge, die ebenfalls vor der offiziellen Verlagsgründung abgeschlossen wurden. Offensichtlich schienen aber die beiden damaligen Chefs von der Eigeninitiative des agilen Otto Wrede gewusst zu haben, denn im Zeugnis vom 28. September 1907 kann man handschriftlich nachlesen: "Wir sehen ihn ungern aus unseren Geschäften scheiden und wünschen ihm von ganzen Herzen Glück auf seinem weiteren Lebensweg. Lincke & Rühle".
Allerdings war der Schritt in die Selbständigkeit für Otto Wrede dann doch wohl etwas härter, als ursprünglich angenommen. Da der neu gegründete Verlag in den ersten Jahren offensichtlich nicht genug erwirtschaften konnte, arbeitete der junge Musikverleger ab September 1909 bis Mai 1910 im Angestelltenverhältnis in der Musikexpedition (heute: Auslieferung) und in der Propaganda-Abteilung (heute: Werbeabteilung) der "Harmonie-Verlagsgesellschaft für Literatur und Kunst" und anschließend, bis zum März 1915, als stellvertretender Direktor im "Thalia-Theater-Verlag" in Berlin.
Erst nach Otto Wredes Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg konnte er schließlich erfolgreich mit dem Ausbau seines eigenen Verlages beginnen.
Die allgemeine Situation war viel versprechend, denn die berühmten "Goldenen Zwanziger" sollten beginnen. Nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren war ganz Berlin süchtig nach Ablenkung und Vergnügen. Musik, Tanz und Unterhaltung waren gefragt. Noch weit von unseren heutigen flächendeckenden elektronischen Massenmedien wie z.B. Fernsehen, Radio geschweige denn Internet entfernt, schossen im damaligen Nachkriegsberlin Kneipen, Ball- und Kaffeehäuser wie Pilze aus dem Boden. Überall wurde musiziert und das Geschäft mit der Unterhaltungsmusik boomte. Eine gute Ausgangslage für den jungen Verleger, denn das bedeutete in der Praxis, dass der Bedarf an Musiknoten täglich wuchs.
Zunächst mussten nun geeignete Geschäftsräume für den Verlag angemietet werden. Otto Wrede fand sie in einem ehemaligen Seifengeschäft in Berlin Neuköllns Hobrechtstraße 48.
Aufgrund der geschilderten allgemeinen äußeren Umstände, aber auch durch Otto Wredes langjährige Erfahrung in Bezug auf Publikumsgeschmack und Kaufverhalten, erzielte er nach 1918 enorme Verkaufsbilanzen im sog. "Papiergeschäft". Hohe Auflagen waren die Regel. Allein von den Klavier- und Salonorchesterausgaben des ersten Verlagstitels "Per aspera ad astra" wurden in den Folgejahren knapp 40.000 Exemplare verkauft.
Genau im Jahr 1920 gelang Otto Wrede der verlegerische Griff, durch den der Regina-Verlag dann endlich weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt werden sollte.
Glück, Zufall und persönliche Beziehungen spielten, wie so oft im Leben, auch hier eine nicht unbedeutende Rolle.
Wie der "Bummel-Petrus" entstand, ist in der Autobiographie des Textdichters Hermann Frey: "Immer an der Wand lang - allerlei um Hermann Frey" (2. Auflage Berlin 1944, S. 245ff.) nachzulesen:
"Eines Tages bummelte er (Frey) durch die Innenstadt und kam (in der) Jägerstraße 61 vorbei, wo damals Werner-Kersten komponierte und auf der Suche nach guten Texten war. Begeistert wie ein junger Bursche, setzte sich Werner-Kersten ans Klavier und ließ sich nicht abhalten, Hermann Frey Dutzende seiner Kompositionen vorzuspielen. Gott sei Dank fragte er nicht nach jedem Stück unsern Hermann, was er wohl meine, aber gerade, als er eine neue Komposition, die er "Mühlenpolka" nannte, hingeschmissen hatte, (wie alles merschtendels in C-Dur und auch sonst möglichst unauffällig) sollte Frey och mal sein Urteil abgeben ........
"Die Nummer gefällt mir", sagte Frey, "die mache ich!", worauf Werner-Kertsen mitleidig lächelnd sagte: "Lieber Herr Frey, Sie enttäuschen mich voll und ganz. Man erzählt immer so viel von Ihrer "Nase" und Ihrem "Fingerspitzengefühl" für den Popularitätsbazillus. Die Nummer hier, die "Mühlenpolka" haben mir bisher nicht weniger als acht Verleger, nicht gerade mit Lobsprüchen, zurückgegeben."
Frey erwiderte darauf, daß ihm die Meinung dieser acht Herren kalt wie ein Eisschrank lasse und belehrte Max Werner-Kersten, daß ein guter Text selbst einer schlechten Musik zum Erfolg verhelfen könne, aber ebenso ein schlechter Text imstande sei, beste Musiken zu vernichten."
Hermann Frey machte sich noch am selben Abend an die Arbeit und brachte den Text zu Papier. Und tatsächlich war der Text der Clou, der zum riesigen Erfolg des Stückes führte.
Hier der Refrain:
Trotzdem hatte es der Bummelpetrus mit dem Beginn seines Weltenbummels anscheinend nicht eilig. Bei Hermann Frey liest man weiter: "Alle Verleger gaben den Bummelpetrus mit dem üblichen Bedauern zurück. Zum Schluß gelang es aber Werner-Kersten doch, einen Verleger zu finden. Es war ein damals kleiner Verlag in Neukölln, der aber duch Fleiß und die Fachkenntnisse seines Inhabers, Otto Wrede, sehr bald eine führende Stellung unter den deutschen Musikverlagen einnehmen sollte.
Nach einiger Zeit lernte auch Hermann Frey seinen Bummel-Petrus-Verleger persönlich kennen. Er bat ihn zum Kaffee, und stolz kam Herr Otto Wrede aus Neukölln per Achse nach Berlin W. Verleger und Autor begrüßten sich in liebevollster Weise und begossen das erste Geschäft in ebenso liebevoller Art. Frey war ja auch hier Fachmann .........."
Nun begann der kaufmännische Teil für Otto Wrede. Zunächst wurde der "Bummel-Petrus", wie damals üblich, durch die Tanzmeister in den Berliner Ballhäusern propagiert. Dazu wurden entsprechende Noten für verschiedenste Besetzungen gedruckt, die der junge Verleger in einen Leiterwagen packte, um sie Abend für Abend in Kneipen, Restaurants, sowie in Kaffee- und Ballhäusern zu verteilen.
Eine harte Arbeit. Aber dies war damals die einzige Möglichkeit, einen Schlager bekannt zu machen. Da es unsere heutigen Möglichkeiten einer gezielten flächendeckenden Werbung durch die Massenmedien noch nicht gab, dauerte es folglich gut zwei Jahre, bis der "Bummel-Petrus", über die Grenzen Berlins hinaus, auch in der "Provinz" gesungen und gespielt wurde. Aber die mühevolle Kleinarbeit hatte sich gelohnt und die Auflagen stiegen ins Riesenhafte.
Einschließlich aller ausländischen Ausgaben des "Lazy Pete", "St. Pierre flané", "Pietro scapestrato", "Petrus boemelt" etc. wurden damals allein 2 Millionen Klavierausgaben gedruckt und verkauft. Er Erfolg war gigantisch und bei seiner Bummelreise ist Petrus dann auch noch über den großen Teich geschwommen. Der amerkanische Subverleger zahlte den damals horrenden Preis von 750 Dollar allein für den Erwerb der Druckrechte. Amerika jubelte über den "Jolly Pete" und von Amerika ging es nach Australien, nach Afrika und Asien.
Aufgrund des immensen Erfolgs des Bummel-Petrus konnte sein Textdichter Hermann Frey -so hat er es überliefert- zusammen mit seinem ebenfalls berühmten Kollegen, Richard Bars, in jenen Jahren bei den Mitgliedern der späteren GEMA durchsetzen, dass fortan die Textdichter genauso viel Prozent der Einnahmen erhielten (25%) wie die Komponisten.
Otto Wrede lernte durch Hermann Frey dessen besten Freund, Heinrich Zille, kennen.
Auch sie wurden enge Freunde und Zille ging im Hause Wrede ein und aus. Für den Verlag zeichnete Zille mehrere Titelbilder, darunter auch das zu Walter Kollos "Maskenball im Ziegenstall" (Text: Hermann Frey). Diese Komposition gehörte übrigens zum festen Repertoire der Chansons von Claire Waldoff.
Zille bebilderte den Werbelosgan:
und zeichnete auch eine ganz persönliche Karikatur für das Verlagshaus:
Mittlerweile waren im Verlag zehn Angestellte tätig und das Notenlager in den Räumen der Hobrechtstraße platzte aus allen Nähten. So zog das Unternehmen 1922 in die neuen und größeren Räume des ehemaligen "Café am Hermannplatz", Kottbusser Damm 63/64.
In den 20er Jahren spezialisierte sich Otto Wrede zunächst auf die Herausgabe von Noten der Gattung "Absolute Unterhaltungsmusik". Mit musikalischen Formen wie Walzer, Marsch, Polka, Charakterstücken und Fantasien, die bekannte Melodien beinhalteten, konnte dem breiten Publikumgsgeschmack entsprochen werden. In diese Zeit fallen u.a. die Herausgabe des bekannten Walzers von Karl Komák jr. "Münchner Kindl", des "Adlon-Marsches" von Max Heinecke ebenso wie dessen "Valse romantique", Ernst Urbachs "Sektgeister" und des "Grillenbanner-Marsches" von K. Komzák.
Mit der Reihe "Goldene Musik" verwirklichte Otto Wrede eine weitere verlegerische Idee. Der Komponist Ernst Urbach bearbeitete hierfür freie, klassische Werke berühmter Komponisten . Es entstanden Ausgaben für Klavier, Salonorchester und Orchester. Als sog. "Gebrauchsmusik" feierten diese Arrangements sowohl in zahlreichen Unterhaltungskonzerten wie z.B. in den damals beliebten Kaffeehäusern, als auch als Untermalungsmusik in den Kinos der Stummfilmzeit große Erfolge.
Nach und nach kam Otto Wrede mit weiteren bekannten Komponisten in Berührung, die dann ihre Werke im Regina-Verlag verlegen ließen. Zu ihnen gehören u.a. Gerhard Winkler, Erich Gutzeit (beide Neuköllner) ebenso wie Jim Cowler oder Willi Kollo.
Der auch musikalisch praktisch begabte Verleger machte es sich zur Regel, dass alle neu übernommenen Kompositionen in legendär fröhlichen Hauskonzerten im Hause Wrede einem illustren Kreis vorgestellt wurden.
1922 plante Otto Wrede sein bisher ehrgeizigstes Projekt: im Regina-Verlag erschien das erste große Bühnenwerk, nämlich Paul Scheinpflugs "Hofkonzert", eine heitere Oper in drei Akten, zu der Heinrich Illgenstein das Libretto verfasst hatte.
Die Uraufführung fand am 3. Februar 1922 am Deutschen Opernhaus in Berlin statt und konnte dort, wie auch an anderen Bühnen (z.B. an der Städtischen Oper in Berlin Charlottenburg), kurzfristige Erfolge verbuchen.
Neben dieser aufwendigen Herausgabe entstand in den 20er Jahren eine neue Reihe mit dem Titel "Im Konzertgarten". Damit begann eine weitere Spezialisierung des Regina-Verlages im Bereich der U-Musik, nämlich die für die Herausgabe von Harmonie- und Blechmusik. Heute nennt man das "Musik für Blasorchester". Im Laufe der langen Verlagsgeschichte sollten hier zahlreiche Kompositionen folgen, für die der Verlag heute noch bekannt ist.
Weitere spezielle Besetzungen wurden bei der Herausgabe von Noten berücksichtigt. So entstanden die ersten Bearbeitungen für die damals sehr beliebten Mandolinen-Quartette sowie auch Notenausgaben für Zither und Bandonion, die lange für gute Verkaufszahlen sorgten.
Das Aufleben des Stummfilms nach dem Ersten Weltkrieg veranlasste Otto Wrede entsprechende Untermalungsmusiken für Kinovorstellungen zu verlegen. Das waren zunächst wieder Bearbeitungen von Themen aus der Klassik und aus Opern. Erst 1922 entstand die Kinothek "Prima Vista" aus der Feder von T. R. Leuschner. Hierbei handelt es sich um Versatzstücke von zum Film passender Musik, die sich in Charakter, Stimmung und Länge den gängisten filmischen Situationen anpasste.
Titel wie: "In flagranti (Agitato furioso für Szenen des elementaren Gefühlsausbruchs)", "Fausts Höllenfahrt (Infernales Agitato, Sturmmusik)" oder "Friedlose Liebe (Appassionato. Für leidenschaftliche Szenen)" sprechen für sich. Mit der Herausgabe dieser Noten hatte sich der Verleger allerdings verkalkuliert. Der aufkommende Tonfilm mache die "Life-Musik" im Kino, schneller als angenommen, entbehrlich.
Enorme Mietsteigerungen für die Verlagsräume am Kottbusser Damm bewegten Otto Wrede zu einer anderen, großen wirtschaftlichen Entscheidung, nämlich zum Bau eines eigenen Verlags- und Wohnhauses. 1926 zog der Otto Wrede Regina-Verlag in die ersten eigenen Räumlichkeiten nach Berlin-Dahlem in den "Schwarzen Grund 21".
Otto Wrede erweiterte die verschiedenen Formen der Unterhaltungsmusik nun noch durch eine zusätzliche, in der Herstellung sehr aufwendige Gattung, nämlich die der Operette.
Ende der 20er Jahre lernte der Verleger auf einem Autorenkongress den fast gleichaltrigen Komponisten Eduard Künneke kennen.
Aus diesem eher zufälligen Zusammentreffen enwickelte sich zwischen den beiden nicht nur eine intensive geschäftliche Verbindung, sondern auch eine lebenslange persönliche Freundschaft.
Im Jahre 1928 unterzeichnete Eduard Künneke seinen ersten Verlagsvertrag im Otto Wrede Regina-Verlag. Diesem sollten zehn weitere, darunter auch der zu seiner einzigen Oper, "Walther von der Vogelweide", folgen.
Erster Vertragsgegenstand war die Operette "Der Tenor der Herzogin" (Text: Richard Keßler), welche 1930 am Deutschen Theater in Prag uraufgeführt wurde. Noch im selben Jahr erschienen die Operetten zweier weiterer namhafter Komponisten: Josef Königsbergers "Das Spielzeug ihrer Majestät" (Uraufführung: Kölner Opernhaus) und Walter Goetzes "Komödie in Venedig" (Uraufführung: Zentraltheater Magdeburg).
In den 30er Jahren passte sich Otto Wrede mit großem geschäftlichen Geschick einer weiteren neuen Tendenz an. Das Massenmedium Rundfunk expandierte und veränderte damit auch die allgemeinen Musikbedürfnisse.
Um die Programme musikalisch füllen zu können, benötigten die Rundfunkorchester, deren Konzerte zu dieser Zeit fast immer nur "live" übertragen wurden, zunehmed große Orchesterwerke der gehobenen Unterhaltungsmusik.
Zu den bedeutenden Kompositionen dieser Gattung gehören Edaurd Künnekes Orchsterwerke, wie seine "Italienische Lustspiel-Ouvertüre", "Saltarello", "Flegeljahre" sowie die Ouvertüre zu "Coeur As". Sie sind auch heute immer noch Teil des festen Rundfunkrepertoires. Allerdings werden heute dazu die entsprechenden "Konserven", also eigene (Band-)Produktionen der Anstalten, eingesetzt.
Weiterer Glanzpunkt der verlegerischen Tätigkeit Otto Wredes war 1932 die Inverlagnahme von Eduard Künnekes "Tänzerischer Suite op. 26" in fünf Sätzen für großes Orchster und Jazz-Band. Bezüglich seiner Form und Anlage war das Stück Anfang der 30er Jahre zwar nicht revolutionär, aber durch die außergewöhnliche Besetzung doch einigermaßen kühn konzipiert.
1929 hatte Edaurd Künneke dieses Werk im Auftrag der "Berliner Funkstunde" komponiert. Während der Funkausstellung in Berlin wurde es im selben Jahr uraufgeführt. Obwohl es danach bald zum Repertoirestück fast aller in- und ausländischen Rundfunkorchester gehörte, konnte es Eduard Künneke zunächst bei keinem Verlag unterbringen.
Erst drei Jahre später fand er in Otto Wrede seinen "mutigen und tatkräftigen Verleger", der die Komposition unter Vertrag nahm. 1944 wurde die "Tänzerische" auch als Ballettmusik am Königlichen Theater in Stockhom aufgeführt. Dann wurde es relativ still im das Werk. Eine Renaissance sollte es erst viele Jahre später wieder erleben.
Die allgemeine schlechte Wirtschaftslage der 30er Jahre, verbunden mit der großen wirtschaftlichen Belastung, die die Herstellung der Bühnenwerke erfordert hatte, machten dem Verleger finanziell schwer zu schaffen. Der bisherige Glanz des Erfolges verblasste und Otto Wrede musste einen Teil des Personals entlassen.
Aber nicht nur in finanzieller Hinsicht waren dann auch die folgenden Jahre, besonders aber die während des Krieges und die der Nachkriegszeit, die schwersten in der Geschichte des Regina-Verlages.
In der Zeit von 1939 - 1945 musste die Verlagstätigkeit entschieden eingeschränkt werden. Die wenigen Verlagsverträge, welche in dieser Zeit abgeschlossen wurden, beziehen sich fast ausschließlich auf Werke von Eduard Künneke.
Papier war, wie so vieles, Mangelware und so sind in diesen Jahren auch kaum Neudrucke zu verzeichnen.
Ebenso war auch Eduard Künnekes einziger Oper "Walther von der Vogelweide" (Libretto: Uresel Renate Hirt) kein Erfolg beschieden. Durch die widrigen Umstände des Krieges wurden nach und nach die Theater geschlossen und die Oper hatte keine Chance, überhaupt zur Aufführung zu gelangen. Aber auch später fand das Werk keine Beachtung in der deutschen Theaterlandschaft. Die Vermutung liegt nahe, dass dies höchstwahrscheinlich an der Thematik des Librettos lag und liegt.
1932 hatte Otto Wredes einziger Sohn Harry (Jahrgang 1913) seine dreijährige Ausbildung zum Musikalienhändler bei der "Musikalienhandlung Paul Fischer" am Alexanderplatz in Berlin erfolgreich beendet und wurde anschließend als Angestellter übernommen. Durch die Änderung der politischen Verhältnisse konnte eine, vom Vater beabsichtigte, zusätzliche Ausbildung im Ausland leider nicht erfolgen. 1935 wechselte er zur STAGMA (damalige Bezeichnung der GEMA), um weitere berufliche Erfahrungen zu sammlen. 1938 trat Harry Wrede dann in den väterlichen Betrieb ein, wurde aber 1939 zum Militär einberufen und sollte seine Eltern nur noch auf kurzen Heimatbesuchen wiedersehen.
Otto Wrede selbst wurde 1944 in einen Rüstungsbetrieb dienstverpflichtet und 1945 zum Volkssturm einberufen. Dort fällt Otto Wrede, der Gründer des Regina-Verlages, in den letzten Tagen vor Kriegsende. Seine Frau Bertha wird im Schwarzen Grund in Berlin-Dahlem fast zeitgleich von Unbekannten erschossen.
In der amerikanischen Kriegsgefangenschaft erfährt Harry Wrede vom Tod seiner Eltern und als er 1947 nach Hause zurückkehren will, steht er in Berlin vor dem totalen "Nichts". Das beschädigte Eltern- und Verlagshaus "Im Schwarzen Grund 21" haben Fremde besetzt.
Für Harry Wrede beginnt eine schwere Zeit langwieriger Auseinandersetzungen mit Behörden, Anwälten und Gerichten. Zunächst bekommt er keine Lizenz für die Fortführung des Regina-Verlages, weil andere dieses Recht für sich beanspruchen. Ebenfalls weigern sich die Besetzer des Hauses zunächst erfolgreich, es zu verlassen. Erst nach zähem Ringen werden Harry Wrede die Verlagsrechte und schließlich auch das Haus wieder zugesprochen.
Die allgemeinen schwierigen Umstände in einem besetzen und geteilten Berlin machten ihm damals aber trotzdem wenig Hoffnung auf einen erfolgreichen Neuanfang in dieser Stadt.
Nach reiflicher Überlegung verlegte er deshalb den Firmensitz nach Wiesbaden. Dabei wurde er tatkräftig von einem Freund seines Vater, dem Leipziger Großsortimenter Rudolf Erdmann, unterstützt, der, wie viele andere aus der Verlagsbranche, im Rhein-Main-Gebiet ein neues Musikzentrum, wie ehmals in Leipzig, aufbauen wollten.
So wurden in Bürogemeinschaft mit dem Musikverlag und dem Großsortiment Erdmann die ersten neuen Verlagsräume am Wiesbadener Adolfsberg und später im Gemeindebadgässchen angemietet. Zusammen mit seiner jungen Frau Gerlinde wurde dort ein zunächst bescheidener Neuanfang gestartet, der aber bald zu wirtschaftlichen Erfolgen führte.
Obwohl im Haus in Berlin fast alles abhanden gekommen war, konnte eine ehemalige Angestellte des Verlages, Frau Martha Fischer, im allgemeinen Chaos nach Kriegsende, doch noch einen Teil dessen retten, was für einen Musikverlag das "Herzstück" bedeutet: nämlich sämtliche Verlagsverträge, Archivexemplare und einen Großteil der Manuskripte. So war es Harry Wrede möglich, nach und nach die wichtigsten Standardwerke des Verlages wieder neu herauszugeben.
Nebenbei hatten die durch die Bürogmeinschaft möglichen "Einblicke" in das Geschäft des benachbarten musikalischen Großsortiments einen weiteren positiven Nebeneffekt: Harry Wrede entwickelte ein geschicktes Händchen für den Umgang mit den allgemeinen Kaufvorlieben und den Geschmacksveränderungen der Konsumenten.
1952 war es dann wieder einmal soweit. Die Räumlichkeiten wurden zu eng und der Otto Wrede Regina-Verlag zog um. Diesmal ins Wiesbadener Komponistenviertel, in die Richard Wagner-Straße 17.
Im neuen Domizil erschienen nun auch zunehmend Werke neuer Autoren. Hier sind, stellvertretend für viele, die Namen Hans Zander, Herbert Küster, Edmund Kötscher, Curt Mahr und Bruno Hartmann zu nennen.
Neben der Herausgabe von Noten für Salonorchester und großes Orchester begann Harry Wrede nun auch andere Bereiche der U-Musik verlegerisch auszubauen. Das bezog sich zunächst auf die neue Sparte der Akkordeonmusik und auf die "Regina-Chor-Bibliothek". Die Ausgabe "Singendes, klingendes Hessenland" wurde 80.000 mal verkauft.
Vor dem Krieg waren in der Besetzung für Blasmusik vornehmlich Bearbeitungen klassischer Themen herausgebracht worden. Nun entwickelte sich hier eine ganz eigenständige neue Sparte: die Autoren schreiben für diese Besetzung zunehmend Originalkompositionen, deren Spannbreite von der reinen Unterhaltungsmusik bis zur anspruchsvollen Konzertmusik reicht. Harry Wrede konnte hier u.a. bekannte Komponisten wie Willy Czrenik, Max Seidenspinner, Erich Gutzeit, Hans Graetsch, Ernst Hoffmann, Hans Joachim Rhinow sowie Walter Schacht unter Vertrag nehmen.
Das sich ausbreitende Wirtschaftswunder beeinflusste auch das Verlagsgeschäft. Zunehmend wurden sehr hohe Auflagen gedruckt, was zur Folge hatte, dass das Notenlager wuchs und wuchs. Der Verlag brauchte wieder einmal mehr Platz. Wie 1926 in Berlin-Dahlem, bezog die Familie Wrede 1961 in Wiesbadens Schumannstraße ein eigenes kombiniertes Verlags- und Wohnhaus. Wie ehemals waren Privat- und Geschäftsraume nicht strikt getrennt. Nun gingen die Komponisten zu allen Tages- und Nachtzeiten wieder ein und aus, und neben den geschäftlichen Verbindungen entstanden auch viele enge persönliche Freundschaften.
Auch fanden wieder heitere Abende in geselliger Runde statt, an denen gefeiert und musiziert wurde. Wer die Eigenheiten vieler Künstler, hier eben die der Komponisten kennt, kann sich vielleicht vorstellen, dass selbst ein Anruf in der Heiligen Nacht, was denn die "dringende!" Herausgabe der bahnbrechenden eigenen Komposition mache, nicht unbedingt eine einmalige Ausnahme war.
Langsam öffneten sich auch die europäischen Grenzen und es bahnten sich Zusammenarbeiten mit anderen Verlagen an. So wurde dem Otto Wrede Regina-Verlag die Alleinauslieferung der Blasorchesterausgaben des belgischen Verlages "Scherzando" für die BRD und Österreich übertragen.
Auch in einem anderen Bereich änderte sich in den 60er Jahren die Verlagspolitik. Zusammen mit Herbert Küster gründete Harry Wrede eine Bandproduktion mit dem Namen DETO, die es sich zur Aufgabe machte, die Rundfunk- und Fernsehanstalten mit gehobener U-Musik zu versorgen. Später folgten, mit der gleichen Zielsetzung, weitere Band- bzw. LP- und CD-Produktionen in enger Zusammenarbeit mit dem erfolgreichen Komponisten und Produzenten Wolfgang Mäder.
Im Jahre 1969 übernahm der Verlag dann sämtliche Blasmusikwerke des "Josef-Preissler-Verlages", München.
Auch in den 70er Jahren wurden zahlreiche neue Notenausgaben herausgebracht. Die "Regina-Akkordeon-Duette" von Josef Dieser ist eine sehr erfolgreiche Reihe, die für den privaten Musikunterricht konzipiert wurde. Tausendfach verkauft wurden die bekannten "Regina-Bläser-Quartette" und es entstand auch diverse Solo-Literatur für Holz- und Blechbläser.
Zum Hessentag 1973 erschien eine Ausgabe für Spielmanns- und Fanfarenzüge "Mit Flöten, Trommeln und Fanfaren" in einer Auflage von 20.000 Exemplaren. Hierbei handelte es sich um eine Spende des Landes Hessen, die, als Dank für die "kulturelle Breitenarbeit im Rahmen einer sinnvollen Freizeitgestaltung", an die entsprechenden hessischen Musikvereine verteilt wurde.
Schließlich erschloss sich in dieser Zeit ein weiterer, damals noch ganz neuer musikalischer Bereich, und zwar Musik für Schlaginstrumente. Wegbereiter war kein Geringerer als Prof. Siegfried Fink aus Würzburg, der in der Sammlung "Musik für Perkussion" nicht nur eigene Kompositionen veröffentlichen ließ, sondern auch weitere namhafte Autoren dieses Genres mit dem Verleger bekannt machte, deren Werke dann gedruckt wurden.
Im Oktober 1982 hatte der Verlag sein 75jähriges Juliläum. Trotz aller wirtschaftlichen Erfolge konnte damals das Ereignis aber nicht angemessen gefeiert werden. Grund war die schwere Erkrankung Harry Wredes, die im Juli des folgenden Jahres zu seinem Tod führte.
Quasi über Nacht musste nun die dritte Generation der Familie Wrede die Leitung des Verlages übernehmen. Für Harry Wrede trat am 10. Juli 1983, einem Tag nach dem Tod des Vaters, seine damals 26jährige Tochter Edda in die oHG ein. Sie beendete gerade ihr Studium in den Fächern Musikwissenschaft, Geschichte und Germanistik und hatte mit ihrer Abschlussarbeit begonnen. Im operativen Geschäft galt es nun zu beweisen, ob sie dazu fähig war, die Verlagsgeschäfte erfolgreich weiterzuführen.
Ins kalte Wasser geworfen -von kaufmännischen Dingen hatte sie damals eine nur sehr begrenzte Ahnung- wuchs sie an den ihr gestellten Aufgaben. Im täglichen Alltagsgeschäft kam ihr zu Hilfe, dass sie durch ihr Studium in Freiburg und Mainz zumindest von Musik, und explizit etwas von Noten verstand, auch wenn sie sich vorgestellt hatte, ihr Wissen eigentlich für eine ganz andere berufliche Richtung nutzen zu wollen. Aber nicht immer kommt man dazu, seine Träume oder festen Vorstellungen zu verwirklichen. Das Leben stellt oft eigene Weichen, die, im Nachhinein betrachtet, aber dann doch Sinn machen.
Als vorteilhaft erwies sich für Edda Wrede nun auch die halbjährige Unterbrechung ihres Studiums im Jahre 1978, als sie im renommierten Londoner Musikverlag "Richard Schauer" (zu dem auch die Verlage "Benjamin", "Rahter" und "Simrock", Hamburg gehörten) praktische Verlagserfahrungen sammeln konnte.
Von der damaligen Inhaberin, Irene Retford, zu der noch heute eine enge freundschaftliche Verbindung besteht, war sie in die alltäglichen Arbeitsabläufe eines Musikverlages eingeführt worden: Notenauslieferung, Rechnungswesen, Abrechnungen von Autorentantiemen und auch die Ausfertigung von Verträgen zu Mietmaterial waren für sie in der neuen Situation deshalb keine böhmischen Dörfer.
Hilfreich war in dieser Situation natürlich auch der juristische Beistand ihres späteren Mannes, Gerhard Baumgärtner-Wrede, der ihr als Rechtsanwalt in komplizierteren Rechtsangelegenheiten Rat gebend zur Seite stehen konnte.
Schon als Kind begleitete Edda ihren Vater Harry jährlich auf die Musikmesse nach Frankfurt und lernte dort beiläufig, wie man Kontakte knüpft und seine Kundschaft "pflegt".
Das waren in den späten 60er, den 70er und den 80er Jahren die großen Zeiten für das traditionelle Messe-Musikgeschäft, nämlich die der Instrumentenhersteller und der Musikverlage. Erst später entwickelte sich diese bedeutende Messe immer mehr zu einer Verkaufsschau für das technisch musikalische Equipment, auf welcher, zumindest die kleineren Verlage, inzwischen auf einem Nebenschauplatz agieren.
Zunächst setzte die junge Verlegerin die langjährige Messe-Tradition fort. Sie konnte in den Folgejahren aus neuen Kontakten mit europäischen Verlagskollegen erfolgreiche Auslieferungen für den deutsch-österreichischen Markt etablieren, die bis heute einen festen Bestand im Notengeschäft haben.
Das war zunächst die zufällige Bekanntschaft mit Michael Brand, die eine weite Verbreitung der Blasorchesterausgaben des renommierten englischen Verlages "R. Smith & Co. Ltd." in Deutschland zur Folge hatte.
Ein paar Jahre später lernte sie Charles van Zanten und den Autoren Henk Mennens kennen, die damals ihre ersten Ausgaben quasi noch aus ihrem Wohnzimmer heraus vermarkteten.
Heute gehört Da Capo Music (inzwischen mit mehreren anderen Verlagen zu "Dutch Music Partners" zusammengeschlossen) zu Hollands größten Musikverlagen, und ist dort auf dem Gebiet der Musik für Perkussion marktführend.
Edda Wrede erkannte das Verkaufspotential der Noten für den deutschsprachigen Raum. Sie half dem damals noch kleinen Verlag bei der Herausgabe der deutschen Ausgaben dieser vielfältigen Literatur für den Schlagzeugunterricht und machte sie populär.
Natürlich wurden auch eigene neue Verlagswerke herausgebracht, aber dies geschah mittlerweile sehr vorsichtig. Gründe dafür waren die immer schwieriger werdende Konjunktur und auslaufende GEMA-Rechte von bisher sehr einträglichen Verlagswerken (70 Jahre post mortem auctoris). Auch die allgemeinen flächendeckenden Sparmaßnahmen in Deutschland, die u.a. zur Auflösung vieler Orchester -vom kleinen Kurensemble bis hin zu den großen Orchestern der Rundfunk- und Fernsehanstalten- führte, machten die finanzielle Situation nicht eben leichter.
Neue Ausgaben erschienen vorwiegend im Bereich der Perkussionsmusik. Bekannte Autoren wie Xavier Benguerel, Armand Russell, Dobri Paliev oder Leander Kaiser seien hier stellvertretend genannt. Ebenso entstand auch die neue Reihe "piccola percussione", Musik für den Elementarunterricht.
Größtes Verlagsprojekt wurde die Herausgabe von Bill Molenhofs "Positive Music Focus - Ein neuer Weg zu einem anderen Musikunterricht",
das sowohl in einer deutschen, als auch in einer englischen Version erschienen ist.
Als Verleger kann und muss man sich viele Gedanken machen, wie wirtschaftlicher Erfolg zu erreichen und zu erhalten ist. Aber auch Glück oder der berühmte Zufall spielen manchmal eine nicht unbedeutende Rolle.
So wurde, kurz nach dem Fall der Mauer im Jahre 1989, in Leipzig Künnekes "Tänzerische Suite op. 26 für großes Orchester und Jazz-Band" im Gewandhaus unter der Leitung von Kurt Masur aufgeführt. In den Wirren des politischen Umbruchs hatte der Verlag zwar nicht unmittelbar etwas von den ihm eigentlich zustehenden Tantiemen. Diese Aufführung hatte aber zur Folge, dass sich danach wieder vermehrt große und kleine Orchester für dieses wunderbare Werk interessierten.
Unter anderem wurde der erste Satz der Suite in der Spielzeit 1992/93 an der Staatsoper Unter den Linden im Ballett "Dix oder Eros und Tod" "vertanzt" (d.h. Großes Recht) aufgeführt, ging auf Gastspielreisen und blieb über Jahre eine feste Repertoirevorstellung bis 1998.
1994 wurde die "Tänzerische" beim Schleswig-Holstein-Festival unter der Leitung von Justus Franz vom ZDF mitgeschnitten. Es folgten zahlreiche Aufführungen in Deutschland und den USA.
Im Juli 1999 schied Gerlinde Wrede als persönlich haftende Gesellschafterin aus dem Verlag aus und Edda Wrede führt seither den Otto Wrede Regina-Verlag als e.K.
Vieles hat sich in 100 Jahren im alltäglichen Verlagsgeschäft geändert.
Allein bezüglich des technischen Fortschritts liegen zwischen 1907 und 2007 ganze Welten. Wurden Briefe damals noch handschriftlich gefertigt, wird heute ein Großteil der Korrespondenz in Windeseile per E-Mail in die ganze Welt versandt.
Mussten damals die Druckvorlagen für jede Notenseite höchst aufwendig auf Bleiplatten gestochen werden, geschieht dies heute -mit allen daraus resultierenden blitzschnellen Möglichkeiten- per Computer.
Auch das ganz Notenlager konnte auf ein Minimum beschränkt werden. "Printing on demand" macht auch das möglich.
Die Zeiten für kleine Musikverlage sind schwierig geworden. Aber sie sind nicht hoffnungslos.
Maxime für die derzeitige Verlagspolitik ist für Edda Wrede deshalb die Pflege des vorhandenen, umfangreichen Kataloges und die Besetzung von sog. Nischen. In einer sich immer schneller drehenden Spirale innerhalb des Musikmarktes, in der das Tempo die Musikmultis bestimmen, die alles aufkaufen, nur das Lukrative vermarkten und für die nur die großen Quoten zählen, bleibt den "Kleinen" eigentlich nur eine Chance: das ist die heute eher altmodisch wirkende Geschäftspolitik, nicht nur möglichst gute Verkaufszahlen zu schreiben, sondern auch auf die individuellen, manchmal zeitaufwendigen Wünsche der Kunden einzugehen.
Ein bisschen Stolz empfindet Edda Wrede schon, dass der Otto Wrede Regina-Verlag am 1. Oktober 2007 auf eine 100-jährige Verlagsgeschichte zurückblicken kann und ist sich ganz sicher, dass auch sein Gründer Otto Wrede und dessen Nachfolger Harry Wrede dieses Gefühl teilen würden. So wurde auch in ihrem Andenken dieser Tag gebührend gefeiert.
In der langen Geschichte des Verlages gab es Höhen und Tiefen, Aufbruchsstimmung und Hoffnungslosigkeit, fette und magere Jahre, Fortschritt und Rückschritt. Aber es gab auch etwas, das, so unterschiedlich die Zeiten auch waren, immer gleich geblieben ist: die Freude und das Engagement aller drei Verlegergenerationen, an und in ihrem besonderen, höchst abwechslungsreichen Beruf im Dienste der Musik, der mit dem Umgang von ungewöhnlichen Menschen und interessanten Persönlichkeiten aufs Engste verbunden ist.
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